An den Bundesminister der Finanzen
Herrn Christian Lindner
Bundesministerium der Finanzen
11016 Berlin
Berlin, den 24.03.2023 Offener Brief von AWO Bundesverband e.V. und Zukunftsforum Familie e.V. an Bundesfinanzminister Christian Lindner:
Die Kosten der Krisen dürfen nicht zulasten wichtiger Investitionen für Kinderund Jugendliche gehen - das nötige Geld für eine armutsfesteKindergrundsicherung muss dringend bereitgestellt werden!
Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister Lindner,
wir, der AWO Bundesverband und das Zukunftsforum Familie, fordern Sie auf, dasnotwendige Geld für eine ambitionierte Umsetzung der Kindergrundsicherung imRahmen der aktuellen Haushaltsplanungen bereit zu stellen.Millionen von Kindern, Jugendlichen und Familien leben in unserem reichen Land inArmut. Auch aus unseren Einrichtungen wissen wir, was es bedeutet, wenn Kinderund Jugendliche in Armut aufwachsen: Die materiellen, sozialen, kulturellen undgesundheitlichen Folgen wirken sich bis ins Erwachsenenalter aus. Das ist nicht nurin höchstem Maße sozial ungerecht, es ist auch wirtschaftlich unvernünftig: Armutverursacht enorme gesamtgesellschaftliche Folgekosten. Wir können es uns nichterlauben, auch nur ein Kind auf der Strecke zu lassen und müssen daher jetztentschieden in die Zukunft unserer Kinder investieren, ihnen Chancen ermöglichenund dafür sorgen, dass sie sich entfalten können. Wir erinnern Sie daran, dass Armutvon Kindern und Jugendlichen niemals selbst verschuldet ist, sondern strukturelleUrsachen hat. Eltern wollen ihren Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglichen. Genaudas ist auch ihr Motiv, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. An dieserGrundüberzeugung wird die Kindergrundsicherung nicht rütteln.
Durch die ineinander übergehenden Krisen sind die Jüngsten in unserer Gesellschaftderzeit sowieso schon stark herausgefordert. Zeigen Sie in dieser angespanntenLage Kindern und Jugendlichen in Armutslagen nicht die kalte Schulter, indem Siesie pauschalen Vorurteilen über ihre Eltern aussetzen, sondern beweisen Sie ihnengerade jetzt Ihre Solidarität.Umso mehr unterstützen wir die derzeitigen Anstrengungen der Bundesregierung zurEntwicklung und Einführung einer Kindergrundsicherung. Diese neue Leistung kannjedoch erst dann ihre Wirkung entfalten und die Armut von Kindern und Jugendlichenbeenden, wenn sie die wesentlichen pauschalierbaren und kindbezogenenLeistungen zusammenfasst, deren Inanspruchnahme auf 100 Prozent erhöht und aufeinem sozio-kulturellen Existenzminimum aufbaut, welches deutlich höher ausfällt alsheute. Zudem muss die maximale Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge derHöhe des geplanten Garantiebetrags von Anfang an entsprechen, um dieFamilienförderung endlich sozial gerecht auszugestalten. Wir wissen, dass mehr Geld in den Haushalten der armen und armutsgefährdetenFamilien direkt bei den Kindern und Jugendlichen ankommt und diesen damitunmittelbar bei der Verwirklichung ihres Rechts auf ein selbstbestimmtes Leben hilft.Der qualitativ hochwertige Ausbau der Einrichtungen, Dienste und Angebote in derKinder- und Jugendhilfe ist darüber hinaus ebenso bedeutsam für dieArmutsbekämpfung und muss daher in gleicher Weise entschlossen vorangetriebenwerden.Wir fordern Sie daher auf: Geben Sie Ihre Blockadehaltung bei der Bereitstellungausreichender Mittel für die Kindergrundsicherung auf und unterstützen Sie dieseneue Leistung, die Millionen von Kindern und Jugendlichen Zuversicht in ein gutes Aufwachsen geben kann. Wagen Sie mit ihren Koalitionspartner*innen endlich wieder „mehr Fortschritt“, wie Sie es gemeinsam im Koalitionsvertrag versprochen haben!
Mit freundlichen Grüßen
Michael Groß, AWO Bundesverband e.V., Vorsitzender des Präsidiums
Britta Altenkamp, Zukunftsforum Familie e.V., Vorsitzende des Vorstandes